ownsx // folge 24
Hallo zusammen,
nicht nur draußen ist jetzt alles anders, diesmal auch hier drin.
Denn für die letzten zwei Ausgaben des Jahres gibt’s was besonderes: die liebsten, besten Ost/West-Stücke der vergangenen 12 Monate – und zwar ausgesucht von Menschen, die den Newsletter abonniert haben, bei Twitter @ostwestnsx folgen. Um mal deutlich mehr zu zeigen als immer nur meine Auswahl.
Nehmen Sie’s als gut gefüllten Topf, um sich über die Feiertage ab und an was rauszupicken. Und in 14 Tagen dann die zweite Runde, um den ersten Geburtstag dieses Newsletters zu feiern.
Tausend Dank allen, die mitgemacht haben!
Unter den besonderen Umständen, in die wir nun ab Mittwoch geraten, an dieser Stelle doppelt und dreifach: Ich wünsche Ihnen möglichst sorgenfreie Tage. Bleiben Sie gesund. Und egal ob oder wie sie feiern: Machen Sie es sich so schön wie möglich.
Noch mal fix zwei Sätze zur Erklärung:
Der Newsletter von ostwestnordsuedx zieht alle zwei Wochen einen Strich – und packt Beiträge rund um Ost/West zusammen, die in den +/-14 Tagen zuvor aufgefallen sind. Damit sich nicht alles versendet. Als eine Art temporäres Archiv.
Was die geplante Arbeitsplatztauschplattform für Journalist:innen auf ostwestnordsuedx.de (Was das sein soll? Womit alles anfing? Wer dahinter steckt? Steht hier und hier und hier. ) angeht:
Als Alternative für physischen Tausch: Bieten Sie Ihre Perspektive an – und finden jene Einblicke, die Ihnen im Blatt, in der Sendung, im Heft, auf der Seite fehlen:
→ hier direkt zum Suche/Biete-Formular!
Ums leichter weiterzusagen:
https://tinyurl.com/ownsx-tauschformular
Dann legen wir mal los:
Sonderausgabe / Teil 1
/ / / Katharina Warda empfiehlt / / /
"Die Gewalt der Vereinigung”, Fabian Hillenbrand/nd.Der Tag
“Ich wünsche mir unterschiedlichere Stimmen im Erzählen über den Osten, die ihre eigenen Geschichten, Expertisen und Analysen in eine ehrlichere Aufarbeitung einbringen. Ich möchte, dass mehr solche Geschichten wie hier ans Tagelicht kommen: Im Artikel erzählen drei Personen aus verschiedenen Perspektiven wie sie die rechtsextremen Pogrome, die in der Nacht vom 02.10.1990 in vielen deutschen Städten stattgefunden haben, erlebten.”
“Berlin Marzahn: Nazis, Tote, Plattenbau”, Max Cameo
“Deutschrapper Joe Rilla erzählt die Wendezeit in seiner Heimat Berlin Marzahn und den Wandel des Viertel von DDR bis BRD. In dem Chaos der Platten, von dem er erzählt, zwischen den Suiziden der Väter, Massenschlägerein, rassitischen Morden, Angst, Hass und Subkultur finde ich auch meine Heimat wieder.”
Mehr über die Soziologin und ihr Projekt “Dunkeldeutschland”: auf bpb.de; bei mdr.de; Vortrag beim Frauenkampftag Bochum.
Hier auf Twitter, hier bei Instagram.
/ / / Matthias Meisner empfiehlt / / /
“DDR-Bürgerrechtler: Vom SED-Gegner zum Corona-Leugner”, Panorama/ARD
“Ehemalige DDR-Bürgerrechtler, die nach rechts abdriften - das ist kein ganz neues Phänomen. Bei manchen von ihnen aber wirken die Auseinandersetzungen um die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aktuell wie ein Brandbeschleuniger, wie Gabor Halasz in einem Beitrag für das ARD-Magazin Panorama beschreibt. Beispielhaft für diese Entwicklung stehen für ihn Angelika Barbe, Vera Lengsfeld und Siegmar Faust, die gewagte Vergleiche zwischen der BRD heute und der DDR ziehen. Widerlegt werden sie von früheren Mitstreitern wie Wolf Biermann und Werner Schulz. Sehenswert.”
Meisner ist politischer Korrespondent beim Tagesspiegel; zuletzt erschien von ihm “Ständige Ausreise”.
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/ / / Ulrike Nimz empfiehlt / / /
“Kinderland”, Anne Rabe/Merkur
“Der Ort, aus dem ich komme, heißt Dunkeldeutschland”, Katharina Warda/Krautreporter
Dies sind zwei Stücke, die ich in diesem Jahr besonders gern gelesen habe. Es sind keine Wohlfühl-Texte. Beide Autorinnen berühren ostdeutsche Schmerzpunkte, verbinden sehr persönliche Perspektiven mit hochrelevanten gesellschaftlichen Fragen. Die Dramatikerin Anne Rabe, aufgewachsen in Wismar, spürt der zwischenmenschlichen Kälte nach, die sich in autoritären Systemen ausbreitet, Menschen verhärtet oder zermürbt und auch nicht weicht, wenn Mauern fallen. Sie betritt das „verminte Gelände“ ihrer Kindheit und setzt einen notwendigen Kontrapunkt zu den „Ich-bin-stolz-ein-Ossi-zu-sein“-Debatten dieses Jubiläumsjahres. Dass dieses bittersüße Heimatgefühl, die Pose des selbstbewussten Underdogs, ein Privileg ist, verdeutlicht der Essay der Soziologin Katharina Warda. Als Kind einer deutschen Mutter und eines südafrikanischen Vaters wächst sie in Wernigerode auf. Warda beschreibt ihre Jugend in den Neunziger- und Nullerjahren: den alltäglichen Hass, das ohrenbetäubende Schweigen, die Selbstermächtigung durch Punkrock und die Kontinuität rechter Gewalt (nicht nur) im Osten.
Nimz ist Korrespondentin bei der Süddeutschen Zeitung für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen; zuletzt habe ich hier im Newsletter ihr Stück “Der ewige Zeite” empfohlen.
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/ / / Janko Tietz empfiehlt / / /
“Wir Ostdeutsche: 30 Jahre im vereinten Land”, ARD
“Ein selten guter Film, 90 Minuten lässt man Ostdeutsche erzählen, ohne zu bewerten, was sie sagen. Ich habe gehofft, dass sich den Film nicht nur Ostdeutsche ansehen, um sich selbst wiederzuerkennen. Wenn Westdeutsche verstehen wollen, warum der Osten tickt, wie er tickt, dann hat man es nach diesem Film verstanden.”
“Der Systemsprenger”, Alexander Osang/Der Spiegel
“Für mich das Porträt des Jahres. Dass v.a. Westmedien und – journalist*innen das Porträt so kritisch sahen, ist für mich ein untrügliches Zeichen, dass Osang einen Punkt getroffen hat. Ich muss Friedrichs Herangehensweise an Medien, sein Verständnis von Journalismus, sein Auftreten nicht mögen. Aber durch Osang habe ich ihn besser kennengelernt als nach 20 Texten zuvor von anderen Kolleg*innen.”
Tietz ist CvD beim Spiegel; zum 3.10. schrieb er über “Unsere zwei deutschen Leben”.
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/ / / Projekt Umbruch empfiehlt / / /
“Westen werden”, Buch von Marcel Raabe, Philipp Janta
“Wunderbar atmosphärische Beschreibung und Illustration der Wende aus den Augen eines Jugendlichen.”
“Funked-up East”, Youtube-Kanal
“Ein anderer Blick auf die Kultur des Ostblocks: Der Youtube-Kanal "Funked Up East" mit den besten Jazz, Soul, Psychedelic und Disco-Sounds aus dem Ostblock. Darunter auch das "Orchester Walter Kubiczek" aus der DDR.”
“Eigensinn im Bruderland”, Zoff-Kollektiv
“Großartige multimediale Darstellung migrantischer Perspektiven auf die DDR und die Wende.”
Mehr über den Doku-Podcast “Projekt Umbruch” und die Macher Renee, Daniel und Marcus.
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/ / / Jacky Westermann empfiehlt / / /
“Rohwedder”, Netflix
“Die Mini-Serie „Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit“ auf Netflix (auf Englisch unter „A perfect crime“) beschäftigt sich mit dem bis heute unaufgeklärtem Mord an Treuhand-Chef Detlev Rohwedder. Verschiedene Täter-Szenarien werden durchgespielt, Ermittlungsbeamte und Politiker:innen aus damaliger Zeit kommen zu Wort. In Archiv-Interviewaufnahmen wird zudem die Verzweiflung und Frustration der Bevölkerung ob der schnellen wirtschaftlichen Umbrüche deutlich. Gerade für Nachwende-Kinder eine sehr lehrreiche Doku, gerade wenn der Geschichtsunterricht es wie bei mir nicht bis in die 80er/90er geschafft hat.”
“Volo-Folge: Dit is Brandenburg”, MOZ-Podcast
“In dieser Folge des MOZ-Podcast „Dit is Brandenburg“ erzählen zwei Volos, die kurz vor der Wende in Ost und West geboren wurden und im wiedervereinten Deutschland aufgewachsen sind, wie unterschiedlich der 3. Oktober 1990 in ihren Familien wahrgenommen wird.”
“Baden-Württembergerin öffnet DDR-Laden und Nostalgie-Café, MOZ
“Die Baden-Württembergerin Bärbel Lay war während der Teilung genau einmal in West-Berlin. Heute führt sie in Potsdam einen DDR-Laden und beglückt (N)Ostalgiker mit Alltagsgegenständen aus vergangenen Zeiten. Für sie ist die Eröffnung des Ladens ein Zeichen einer gelungenen Wiedervereinigung.”
Westermann ist ein Teil von „Dit is Brandenburg“, dem Podcast der Märkischen Onlinezeitung.
Hier der Podcast bei Twitter, hier Westermann.
/ / / Daniel Schulz empfiehlt / / /
“Buchpremiere ‘Die Gesellschaft der anderen’”, RBB-Kultur
“In ‘Die Gesellschaft der Anderen’ diskutieren Jana Hensel und Naika Foroutan die Bundesrepublik aus post-migrantischer und ostdeutscher Perspektive. Gibt es gemeinsame oder doch zumindest ähnliche Erfahrungen im Umgang mit der weißen, westdeutschen Mehrheitsgesellschaft? Und sind Allianzen möglich, um diese Gesellschaft zu verändern? Im Buch reden Hensel und Foroutan über solche Fragen und streiten zum Glück auch. Diese Sendung im RBB gibt einen Einblick in das Buch.”
Studie: Soziale Integration ohne Eliten?, DEZIM
“Zu dieser Diskussion gibt es neue Daten, und zwar von Foroutans Dezim-Institut. Das hat die Studie "Soziale Integration ohne Eliten?"gemacht. Eines der Ergebnisse: ‘Auch in den Medien gibt es zwischen den beiden Gruppen klare Unterschiede. Menschen mit Migrationshintergrund sind mit anteilig 17,7 Prozent zwar noch nicht entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil in den Führungspositionen aufgestellt, Ostdeutsche hängen mit 7 Prozent Beteiligung der Repräsentation jedoch noch weiter zurück.’ Das schreibt die Autorin Pia Stendera, die als Reporterin mit einem Sinn für Ungleichheit und Machtverhältnisse ohnehin sehr gut über Ostdeutschland schreibt. Der kurze Text hier fasst die Studie zusammen.”
Schulz ist bei der taz Co-Ressortleiter “Reportage und Recherche”. Sein preisgekröntes Stück “Wir waren wie Brüder” kann man hier nochmal lesen.
Hier bei Twitter.
/ / / Alexander Graf empfiehlt / / /
“Das ist unser Haus”, Josa Mania-Schlegel/taz
“In Leipzig wird nicht nur in linken Kreisen mit Hausbesetzern sympathisiert. Denn der Kampf um die Häuser gilt auch als grundsätzliche Auflehnung des Ostens gegen die Nachwende-Bereicherungen der Wessis. Es ist nur ein kleiner Ausschnitt, eine Alltagsbeobachtung, die Mania-Schlegel in seinem Text aufgreift – aber er zeigt, wie stark die Erfahrungen der Wiedervereinigung zu einer parteiübergreifenden Ost-Identität beigetragen haben. Ein Text, der Einblick in kollektive Gefühlswelten gibt und damit besseres Verstehen möglich macht.”
Graf ist ab Januar 2021 Chefredakteur von “Medium Magazin”.
Hier bei Twitter.
/ / / Doreen Reinhard empfiehlt / / /
“Wir sind eins”, Antonie Rietzschel/SZ
“Ich bin Ostdeutsche, aber finde, mit einigen Debatten kommen wir nicht weiter: über DEN Osten und DEN Westen. Denn so einfach ist das alles nicht. Antonie Rietzschel hat darüber zum Einheitsjubiläum einen hervorragenden Essay in der Süddeutschen Zeitung geschrieben.“
“Ein Volk der Unterschiede”, Jana Hensel, Martin Machowecz/Die Zeit
“Natürlich lohnt es weiterhin, bei aller Zeit, die vergeht, bei allem Zusammenwachsen, bei allen Differenzierungen, weiterhin zu untersuchen: Was eint und was unterscheidet dieses Ost und West denn eigentlich noch? Jana Hensel und Martin Machowecz haben für Die Zeit eine Studie aufbereitet, die untersucht, wie es den Ost- und West-Migranten denn so geht.”
Reinhard ist freie Journalistin.
Hier ihre Homepage. Hier bei Twitter.
// In eigener Sache
Hier kann man sich in die #ownsx-Austauschbörse eintragen:
– Das Motto für mehr andere journalistische Perspektiven für alle Redaktionen ist: “Suche Ost, biete West” oder “Suche West, biete Ost”.
Und klar, ne, gerne weitersagen!
So. Habe ich was vergessen? Soll was Bestimmtes mit rein?
Dann los: mail @ ostwestnordsuedx.de
Folge 25 des #ownsx-Newsletters erscheint am 28. Dezember.
Die gute Nachricht: Die vier Tage schaffen wir dann auch noch.
Wer sich in die Newsletterliste eintragen will, bittschön, das geht hier:
… und natürlich gerne weitererzählen, danke!